Probezeit beim Azubi: Dauer, Urlaubsanspruch & Fehltage

Jede Ausbildung beginnt mit einer Probezeit. Währenddessen kann der Azubi seinen Ausbildungsbetrieb kennenlernen und feststellen, ob der angestrebte Beruf wirklich zu ihm passt und seinen Erwartungen gerecht wird. Die Probezeit in der Ausbildung ist auch für das Unternehmen selbst ein wichtiger Gradmesser. 

Während dieser gegenseitigen Kennenlernphase wird deutlich, ob der Lehrling den Anforderungen gerecht wird. Bei der Bewertung der Probezeit kommt den Ausbildern eine primäre Rolle zu. Den Azubi anzuleiten, dessen Leistung zu beurteilen und konstruktives Feedback zu geben, sind dabei wichtige Parameter. 

Was ist die Probezeit in der Ausbildung?

Die Probezeit ist fester Bestandteil der Ausbildung und kann als gegenseitige Phase des Kennenlernens beschrieben werden. Im Rahmen dieser Zeitspanne kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten und ohne Grund mit sofortiger Wirkung beendet werden.

Während der Probezeit ist der Auszubildende angehalten, herauszufinden, ob er bei der Berufswahl die richtige Entscheidung getroffen hat. Für den Betrieb geht es in dieser ersten Phase der Ausbildung darum, zu überprüfen, ob sich der Azubi für den Beruf wirklich eignet und sich in das Betriebsgeschehen einfügt.

Die Probezeit ist für beide Seiten von Vorteil. Der Ausbildungsbetrieb kann sich ein genaues Bild vom Azubi verschaffen, bevor eine engere vertragliche Bindung eingegangen wird. 

Wer nach der Ausbildereignungsverordnung befähigt ist, Auszubildende anzulernen, wird der Aufgabe nachkommen, zu überprüfen, ob verschiedene Kriterien stimmig sind:

  • Azubi besitzt die grundlegende berufliche Anforderung
  • Azubi verfügt über die nötigen Schlüsselqualifikationen
  • Azubi erfüllt die an ihn gestellten Aufgaben zeitnah und zuverlässig
  • Azubi gliedert sich gut ins Team ein und ist offen und kommunikativ

Die Probezeit startet mit dem Tag des Ausbildungsbeginns, der im Ausbildungsvertrag genannt ist. Konkret handelt es sich meist um den 1. August oder den 1. September. Wann der Vertrag unterschrieben wurde, hat dagegen keine Auswirkungen auf Beginn und Ende der Probezeit.

Nicht zu verwechseln ist die Probezeit mit Probearbeiten. Während der Probezeit hat der Azubi vom ersten Tag an einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung. Für Probearbeiten in Unternehmen dürfen allenfalls Aufwandsentschädigungen gezahlt werden.

Wie lange dauert die Probezeit für Auszubildende?

Sie befinden sich in der Probezeit und möchten wissen: Wie lange dauert die Probezeit? Die Probezeit Dauer ist gesetzlich vorgeschrieben. Laut § 20 Berufsausbildungsgesetz darf die Probezeit im Rahmen einer Ausbildung vier Wochen nicht unterschreiten. Gleichzeitig begrenzt das Gesetz die Probezeit auf eine maximale Dauer von vier Monaten

Ausnahmen bestätigen wie so oft die Regel. Wenn Sie vor Beginn der Ausbildung bereits in der Firma gearbeitet haben, zum Beispiel im Rahmen eines Praktikums, kann die Probezeit verkürzt werden. Verlängerungen sind im Gegenzug ebenfalls möglich, verlangen aber nach einem triftigen Grund. Musste der Azubi die Probezeit durch einen längeren Krankheitsausfall unterbrechen, ist die Verlängerung eine logische Folge.

Rechte und Pflichten während der Probezeit als Azubi & Ausbilder

Wird ein Mitarbeiter im Unternehmen neu eingestellt, kann der Arbeitgeber frei entscheiden, ob er dem Anstellungsverhältnis eine Probezeit vorschaltet. Dies ist bei Auszubildenden nicht möglich. Mit Azubis ist zwingend eine Probezeit zu vereinbaren. Daraus ergeben sich für beide Seiten Rechte und Pflichten, auf die wir nun näher eingehen möchten.

Kündigung in der Probezeit für Azubis

Die Probezeit ist eine Phase von Ausprobieren und Kennenlernen, und zwar für beide Seiten. Während der Probezeit können Sie den Ausbildungsvertrag kündigen. 

  • Laut § 22, Absatz 1 Berufsausbildungsgesetz muss dabei keine Frist eingehalten werden und die Nennung von Gründen ist ebenfalls nicht notwendig. 
  • Nach § 22, Absatz 3 Berufsausbildungsgesetz muss die Kündigung in Schriftform erfolgen und dem Vertragspartner in jedem Fall vor Ende der Probezeit vorliegen.

Während der Probezeit gibt es keine Kündigungsfrist während der Ausbildung. Schwangeren darf während der Probezeit keine Kündigung ausgesprochen werden. Über die Kündigung der Ausbildung bei Minderjährigen muss der gesetzliche Vertreter informiert werden. Laut § 1629 BGB ist dabei ein Elternteil ausreichend. 

Wenn der Azubi in der Probezeit krank ist, darf ihm nicht gekündigt werden. Die Probezeit wird dann, wie bereits erwähnt, in der Regel verlängert.

Die Kündigungsoptionen während der Probezeit lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Ausbildungsverhältnis ist von beiden Seiten kündbar
  • Es muss keine Kündigungsfrist eingehalten werden
  • Es müssen keine Kündigungsgründe genannt werden 
  • Der Betriebsrat muss zu Kündigungen während der Probezeit angehört werden
  • Kündigung muss schriftlich erfolgen
  • Auszubildenden mit Sonderkündigungsschutz darf nicht gekündigt werden

In der Praxis wird die Höchstdauer der Probezeit gern ausgeschöpft, um sich ein umfassendes Bild vom Auszubildenden zu machen. Eine fristlose Kündigung nach der Probezeit verlangt nach triftigen Gründen.

Urlaubsanspruch in der Probezeit für Auszubildende

Wer in der Probezeit Urlaub nehmen möchte, wird im Ausbildungsrahmenplan keine explizite Regelung diesbezüglich finden. Das Berufsbildungsgesetz sieht keine Sonderregelung zu dieser Thematik vor. Damit greift das für jeden Arbeitnehmer geltende Urlaubsrecht. Hieraus wiederum geht hervor, dass erst nach einer Wartefrist von einem halben Jahr ein genereller Urlaubsanspruch besteht. 

Auszubildende dürfen auch während der Probezeit einige Tage Urlaub nehmen. Rein rechnerisch wird mit jedem vollen Monat bereits ein Zwölftel des Jahresurlaubs erworben. Den vollen Urlaub während der Probezeit zu nehmen, ist nicht gestattet.

Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz besteht folgender Urlaubsanspruch für Azubis:

  • unter 16 Jahre = 30 Werktage
  • unter 17 Jahre = 27 Werktage
  • unter 18 Jahre = 25 Werktage 

Der Ausbildungsbetrieb kann den Urlaub nur verweigern, wenn es dringende betriebsinterne Gründe dafür gibt.

Häufige Fragen zur Probezeit bei Azubis 

Wie viele Fehltage darf man in der Ausbildung haben?

Für die Anzahl möglicher Fehltage gibt es keine feste Regelung. Ausbildungsbetriebe dürfen hier ihre eigenen Bedingungen stellen. Gängig sind maximal zehn Prozent der Arbeitszeit als Richtwert. Hochgerechnet auf eine Ausbildungsdauer von drei Jahren, wären dies circa 66 krankheitsbedingte Fehltage. 

Folgende Gründe können krankheitsbedingte Entlassungen nach sich ziehen:

  • häufige Kurzerkrankungen von wenigen Tagen (innerhalb von zwei Jahren 45 bis 60 Krankheitstage)
  • Langzeiterkrankung ist aufgetreten, Gesundung fraglich
  • Krankheit verhindert die Ausübung des Ausbildungsberufes (Allergien)

Worauf achten Ausbilder:innen und Unternehmen?

Der Ausbilder muss während der Probezeit herausfinden, ob sich der Azubi für die angestrebte Ausbildung eignet und in die Firma passt. Dies ist wichtig für das Ausbildungsmarketing, schließlich bringt es wenig, wenn das Unternehmen in die Ausbildung investiert und mit einem vorzeitigen Ausbildungsabbruch rechnen muss, weil die Rahmenbedingungen nicht passten. Daher ist diese Frage auch Gegenstand der AEVO-Prüfung

AEVO Komplettkurs für Ausbilder

Bei der Überprüfung der Eignung des Azubis helfen regelmäßige Feedbackgespräche. Treten Fragen oder Unsicherheiten beim Azubi auf, ist der Ausbilder die erste Anlaufstelle. Ausbilder sind in der Pflicht, während der Probezeit Empathie und Engagement zu beweisen. Es gilt, auf kleinste Veränderungen zu achten und diese im Rahmen einer fortlaufenden, effektiven Bewertung zu kommunizieren. 

Letztlich haben Ausbilder und Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass sich Azubis die nötigen Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen, um die im Ausbildungsplan genannten Aufgaben zur allgemeinen Zufriedenheit zu erledigen und sich im angestrebten Berufsfeld zu bewähren.

Tipps für eine erfolgreiche Azubi Probezeit 

Läuft die Probezeit gut durchdacht und strukturiert ab, bietet dies Azubi wie Ausbildungsbetrieb eine Reihe von Vorteilen. 

Folgende organisatorische Maßnahmen sind dafür notwendig:

  • Vorbereitung des Ausbildungsplatzes
  • Ausstattung des Ausbildungsplatzes
  • Planung der Probezeit
  • Information der involvierten Mitarbeiter

Folgende Anregungen helfen beim Gelingen der Azubi-Probezeit:

  • Aushändigen einer Willkommensmappe mit allen wichtigen Informationen
  • Vorstellung der Ausbildungspaten
  • Betriebsbesichtigung einplanen
  • Kontakt der Auszubildenden untereinander fördern
  • Vorstellung wichtiger Kontaktpersonen

Die Probezeit dient dazu, dem Azubi einen realistischen Eindruck vom Unternehmen zu verschaffen. Ausbilder dürfen ein regelmäßiges Feedback nicht versäumen und sollten den Azubis Zugang zu berufstypischen Situationen ermöglichen. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn Azubis sollten zwar gefordert, nicht aber überfordert werden. 

Tipps für Ausbilder für die Probezeit

Während der Probezeit stehen Azubi und Ausbilder vor einer wichtigen Lernerfahrung. Für die Personalabteilung und die Geschäftsführung ist diese Einführungsphase essenziell, um festzustellen, ob der Azubi ins Unternehmen passt. 

Durch eine gute Feedback-Kultur wird der Ausbilder zum ersten Ansprechpartner für den Azubi und zum Mittelsmann für die Unternehmensführung. 

Damit eine Kündigung den Ausbildungsvertrag nicht vorzeitig zunichtemacht, muss der Auszubildende die Chance bekommen, seine Arbeitsleistung zu reflektieren und Missstände offen zu kommunizieren. 

Im Probezeitgespräch bieten sich folgende Fragen an:

  • Entspricht die Arbeit im Unternehmen Ihren Erwartungen?
  • Wie würden Sie Ihre Leistungen in den letzten Wochen beschreiben?
  • Können Sie Faktoren nennen, die Ihre Leistung negativ beeinflusst haben?
  • Was rechnen Sie zu Ihren größten Stärken?
  • Welche Ziele haben Sie sich für die nächsten Monate gesetzt?
  • Wie können wir als Unternehmen Sie in den nächsten Monaten unterstützen?

Durch ein ehrliches und offenes Feedback können Sie Azubis die Probezeit erleichtern und ein vertrauensvolles Miteinander fördern.

Folgende Tipps helfen beim Feedbackgespräch:

  • Feedback mit positiven Inhalten und der Nennung von Erfolgen beginnen
  • Feedback so detailliert wie möglich geben
  • Konstruktives Feedback mit Lob und Ermutigungen verbinden 
  • Zeit ausreichend bemessen, Zusatzzeit für Fragen und Äußerungen des Azubis einplanen

Tipps für Azubis in der Probezeit 

Azubis sollten sich aktiv in den Prozess des gegenseitigen Kennenlernens einbringen. Eigeninitiative ist gefragt. Kritik sollten Auszubildende annehmen und selbst nach einer Lösung suchen, um die Leistungen zu verbessern. 

Dabei geht es nicht nur darum, der Ausbildungsvergütung gerecht zu werden. In erster Linie ist die Probezeit dazu da, um sich mit der Arbeitsaufgabe anzufreunden und seine mögliche Rolle im Unternehmen zu begreifen und anzunehmen.

Folgende Ratschläge helfen Azubis durch die Probezeit:

  • Fragen stellen: Wer Fragen stellt, bekundet Interesse. Mitschreiben hilft, die Antwort zu behalten und nicht mehrmals nach derselben Sache zu fragen.
  • Freundlichkeit und Pünktlichkeit: Ein freundliches und offenes Auftreten kommt bei den potenziellen Kollegen gut an. Pünktlichkeit ist wichtig. Wer fünf Minuten früher kommt, kann sich diesbezüglich nichts vorwerfen.
  • Kleidung: Den Kleidungsstil können Azubis in den ersten Tagen im Unternehmen in Erfahrung bringen und sich anschließend dem Look anpassen. Kurze Röcke und tiefe Dekolletés sind nicht angebracht. Gedeckte Farben sind von Vorteil. 
  • Überstunden: Die Überstunden sind betriebsintern geregelt. Azubis sollten keine Überstunden machen, sich aber auch nicht generell gegen Mehrarbeit sperren. Die Nachfrage, ob es noch etwas zu tun gibt, zeugt von Einsatzbereitschaft. 

Fazit zur Probearbeit beim Azubi

Die Probezeit liefert den Einstieg in die Ausbildung und ist gesetzlich vorgeschrieben. Azubis dient diese Phase zur Orientierung. Arbeitgeber lernen die neuen Kollegen kennen und machen sich ein Bild von deren Kompetenzen und Eigenschaften. 

Die Dauer der Probezeit kann dem Ausbildungsvertrag entnommen werden. Während des Zeitraums, der mindestens vier Wochen umfassen muss, kann das Ausbildungsverhältnis beidseitig mit sofortiger Wirkung gekündigt werden. Die Probezeit geht nahtlos in ein normales Arbeitsverhältnis über. 

FAQ zur Probezeit beim Azubi

Kann ich nach der Probezeit als Azubi kündigen?

Nach Beendigung der Probezeit können Auszubildende die Lehre mit einer Frist von vier Wochen beenden. Die ordentliche Kündigung muss schriftlich erfolgen und entsprechend begründet werden.

Kann ich einem Azubi während der Probezeit kündigen?

Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis durch den Azubi oder den Ausbildungsbetrieb jederzeit schriftlich gekündigt werden. Es müssen keine Fristen eingehalten oder Gründe genannt werden (§ 22, Absatz 1 BBiG). 

Kann man die Probezeit bei einem Azubi verlängern?

Eine Verlängerung der Probezeit ist möglich, wenn diese um mehr als ein Drittel unterbrochen wurde. Bei kurzfristigen Unterbrechungen ist eine Verlängerung ausgeschlossen. Die zuständige Kammer ist bei Verlängerungen der Probezeit davon in Kenntnis zu setzen.

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Jasmin Link

Jasmin Link ist Gründerin & Geschäftsführerin der AEVO Akademie. Als Expertin für die Ausbildung der Ausbilder bereitet Sie Menschen mit einem Online-Ausbilderkurs auf den Ausbilderschein vor. Zusätzlich teilt sie ihr Wissen regelmäßig in Gastartikeln auf Fachblogs. Erfahren Sie hier mehr über den Autor oder nehmen Sie direkt Kontakt auf.
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